Willkommen auf unserem Blog

23. September 2020

Wenn uns die Gelenke das Leben schwer machen – und was wir dagegen tun können

(shutterstock.com)

Die meisten Menschen leiden im Laufe des Lebens an akuten oder chronischen Gelenkschmerzen. Die Ursachen dafür können sehr unterschiedlich sein. Basel Express im Gespräch mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Stephan Gadola, Chefarzt der Klinik Rheumatologie & Schmerzmedizin, Bethesda Spital über wichtige Ursachen und die Behandlung von Gelenkschmerzen aus rheumatologischer Sicht.

Welche Gelenke verursachen am häufigsten Schmerzen?
Grosse, tragende Gelenke wie Hüft- und Kniegelenke sind mit fortschreitendem Alter anfällig für Arthrose und oft schmerzhaft betroffen. Schulterschmerzen sind ebenfalls nicht selten, meistens durch die Entzündung von Weichteilen verursacht. Auch die kleinen Zwischenwirbelgelenke der Wirbelsäule machen sich bei vielen Menschen mit Rückenschmerzen bemerkbar und ab dem 50. Lebensjahr sind Schmerzen im Daumen-Sattelgelenk sehr häufig.
Sollten Gelenkschmerzen stets als Alarmzeichen gesehen werden?
Zum Glück nicht! Aber bei länger anhaltenden und/oder nächtlichen Schmerzen, sowie bei einer längeren morgendlichen Gelenksteifigkeit sollte unbedingt eine fachärztliche Beurteilung erfolgen.

«Gelenkschmerzen können mitunter auch Symptom einer systemischen Entzündungskrankheit sein, welche nebst den Gelenken auch innere Organe schaden kann.»


Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Stephan Gadola, Chefarzt Rheumatologie und Schmerzmedizin, Bethesda Spital

Was sind häufige Ursachen für Gelenkschmerzen?
Am häufigsten sind solche Schmerzen durch eine Abnutzung des Gelenkknorpels (Arthrose) oder eine Entzündung der umliegenden Weichteile, z.B. von Schleimbeuteln, verursacht. Häufig, aber oft verkannt, sind auch Gelenkkapselschmerzen bei Menschen mit einer angeborenen Überstreckbarkeit der Gelenke (Hypermotilität). Ca. 3% der Bevölkerung leidet an einer entzündlichen Ursache. Am häufigsten ist die stoffwechsel-bedingte Pseudogicht oder Chondrokalzinose, welche mit der ebenfalls häufigen Gicht «verwandt» ist. Nicht selten ist auch die Rheumatoide Arthritis, welche 1% der Bevölkerung betrifft und ohne Therapie zur Invalidität führen kann.

Sind Gelenkschmerzen bei jungen Menschen eher selten?
Leider nein. Entzündliche Gelenkerkrankungen können auch bei jungen Menschen, sogar bei Kindern auftreten. Entzündliches Rheuma bei Kindern und Jugendlichen verläuft oft aggressiv und benötig eine rasche und effektive anti-entzündliche Therapie.

«Es gilt: Ein dickes und/oder überwärmtes Gelenk sollte immer zeitnahe vom Facharzt untersucht werden, unabhängig vom Alter des Patienten.»


Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Stephan Gadola, Chefarzt Rheumatologie und Schmerzmedizin, Bethesda Spital

Gibt es besonders schwere Formen von Gelenkerkrankungen?
Ja. Bei den stoffwechsel-bedingten Gelenkserkrankungen können grosse Gelenke wie das Schulter- oder Kniegelenk komplett zerstört werden, sodass nur noch der Einsatz einer Gelenkprothese hilft. Bei grossen tragenden Gelenken, v.a. dem Hüftgelenk, kann auch ein Infarkt des Gelenkkopfes, eine sogenannte Kopfnekrose eintreten, welche ebenfalls prothetisch versorgt werden muss.

Müssen Betroffene mit einer Gelenkerkrankung sich ein Leben lang mit den Schmerzen abfinden?
Nein, das sollte in der heutigen Zeit nicht mehr vorkommen.
Bei chronischen Rückenschmerzen setzen wir oft erfolgreich die gezielte Infiltration der kleinen Wirbelgelenke unter Röntgenkontrolle ein, gefolgt von Physiotherapie. Auch in Sachen Gelenkprothetik wurden in den letzten 20 Jahren nochmals grosse Fortschritte erzielt. So kommt es oft vor, dass Patienten, welche sich jahrelang mit schwerer Hüftarthrose und starken Schmerzen geplagt haben, innerhalb kürzester Zeit nach Einsatz einer Hüftprothese wieder schmerzfrei gehen können.

«Bei frühzeitiger Diagnose und Behandlung einer entzündlichen Gelenkerkrankung kann in den meisten Fällen die frühere Lebensqualität wiederhergestellt werden.»


Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Stephan Gadola, Chefarzt Rheumatologie und Schmerzmedizin, Bethesda Spital

Dauern die Untersuchungen nicht unendlich lang, bis eine Diagnose gestellt werden kann?
Die Diagnose einer entzündlichen Gelenk- oder Weichteilerkrankung stellen wir in unserer ambulanten Arthritis-Sprechstunde in der Regel am gleichen Tag. Nebst der klinischen Untersuchung und dem Labor stehen uns hierfür hoch-sensitive Ultraschallgeräte zur Verfügung, mit welchen wir die Gelenke und auch Entzündungsvorgänge millimeter-genau einsehen können. Die Einteilung einer entzündlichen Erkrankung benötigt manchmal etwas länger, da wir Laborresultate abwarten müssen. In der Regel stellen wir die Diagnose aber innerhalb von 2-4 Wochen.

«Die Therapie beginnen wir in den meisten Fällen bereits am Tag der Erstkonsultation.»


Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Stephan Gadola, Chefarzt Rheumatologie und Schmerzmedizin, Bethesda Spital

Was geschieht, wenn die Ursache der Gelenkschmerzen gefunden wurde?
Wir besprechen dann sämtliche relevanten Befunde mit den Patienten. Nach gemeinsamer Wahl der Therapie, klären wir den Patienten über die Risiken auf, sowie die notwenigen Nachkontrollen. Insbesondere bei Weichteil- und Arthrose- Schmerzen besprechen wir auch die physiotherapeutischen und physikalischen Möglichkeiten. Physiotherapie und beispielsweise Wärmeapplikation oder Wassertherapie, nehmen hier eine sehr wichtige Stellung ein, und wir sprechen diese Behandlung und den Therapieverlauf deshalb auch mit unseren Physiotherapeuten ab. Findet sich eine schwere Arthrose also Schmerzursache, z.B. des Knies, dann nutzen wir das interdisziplinäre Angebot im Hause und weisen den Patienten auf Wunsch der "Universitären Orthopädie Klinik am Bethesda Spital" zu.